"Weshalb ich mit meiner Querflöte immer auffalle!"
„Sie sind doch die, die falschrum gespielt hat!?“
Nicht falschrum, andersherum! - Wie oft ich das schon erklärt habe… aber erstmal der Reihe nach: Mein Name ist Silke Becker und ich habe mit meinen 19 Jahren schon sehr viel Zeit mit der Musik und vor allem der Querflöte verbracht. Zurzeit habe ich an der Stuttgarter Musikschule in der Studienvorbereitenden Klasse Unterricht. Besonders an meinem Flötenspiel ist, dass ich linksrum spiele. Wie es dazu kam, möchte ich gerne erläutern.
Vor wenigen Jahren bekam ich bei einer Ausstellung zufällig eine Linkshänderflöte in die Hände und probierte sie aus. Diesen Moment werde ich nie vergessen: Es war so unglaublich schön, die Flöte auf der linken Seite und vor allem an meinem linken Ohr zu haben, sodass ich fast den ganzen Tag mit dieser verbrachte und sie Tage später immer noch spürte. Allmählich wurde mir klar, was es für mich bedeutet, als Linkshänderin auf der für mich richtigen Seite spielen zu dürfen.
Natürlich machten meine Finger anfangs noch nicht alles mit, da sie auf einmal ganz neue Aufgaben übernehmen mussten, aber davon abgesehen stellte ich gleich beim ersten Ausprobieren viele Verbesserungen in Haltung, Klang und Spielgefühl bei mir fest. Plötzlich verstand ich auch, was jemand meint, wenn er davon spricht "eins mit dem Instrument bzw. der Musik zu sein“. Auch Außenstehende bestätigen mir, dass ich mit der Linksflöte eine ganz andere Ausstrahlung und Ausdruckskraft habe. Es hat nicht lange gedauert bis mir bewusstwurde, dass es für mich nur diesen einen Weg gibt, wenn ich wirklich Musik machen möchte, weshalb ich – trotz vieler erfolgreicher Jahre, die ich mit meiner Rechtshänderflöte bereits hinter mir gelassen habe – beschloss, komplett umzulernen.
Seitdem falle ich mit meiner Spielweise immer wieder auf, weil diese noch einzigartig ist. Das bedeutet auch, dass es kaum Linksflöten – geschweige denn Profiinstrumente für Linkshänder – auf dem Markt gibt, wodurch ich immer wieder auf Sonderanfertigungen angewiesen bin. An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an Familie Mehnert, die mir meine Flöte und das vermutlich weltweit erste Linkshänderpiccolo gebaut haben!
Das alles bestärkt mein Wunsch, als Flötistin immer mehr Menschen zu erreichen mit dem Ziel, dass es in Zukunft nicht mehr etwas Besonderes ist, wenn Linkshänder auf Linkshänderinstrumenten spielen, sondern die uneingeschränkte Normalität, das Richtige, wofür ich sehr gerne ein Beispiel setzte und allen ausgesprochen dankbar bin, die mir auf egal welche Weise hierin helfen.
Umso glücklicher bin ich, dass die Eugen und Helga Seitz Stiftung ihre Unterstützung zugesagt hat, die auch über das finanzielle hinaus geht. Vielen, vielen Dank!
Danke auch an die Stuttgarter Musikschule, allen voran Felipe Valerie, dem Fachbereichsleiter der Studienvorbereitenden Klasse und Katharina Schröter, meiner Flötenlehrerin, die diese großartige Unterstützung zusammen mit Andrea Seitz in die Wege geleitet haben und auch sonst unersetzlich für mich da sind.